Wirtschaft pro Klima

View Original

Klimakompatible Betriebsabläufe

Der Weg zu einem zeitgemäßen Emissions-Management


Das Pariser Klimaschutzabkommen vom Dezember 2015 markiert einen Meilenstein der internationalen Klimaschutzbemühungen. Erstmals wird darin ein völkerrechtlich verbindliches Klimaziel definiert: Der Anstieg der globalen Temperaturen soll auf höchstens 2 °C begrenzt werden. Doch schon heute ist klar, dass staatliches Handeln allein das Klima nicht retten kann. Dem privaten Sektor und insbesondere den Betrieben kommt deshalb eine wichtige Bedeutung zu. Doch was können Unternehmen tun und wie lässt sich Klimaschutz in die Betriebsabläufe integrieren?

Von Mike Hatert

Bei der Planung des betrieblichen Klimamanagements stellt sich die Frage nach dem Begründungszusammenhang. Warum sollte das Einzelunternehmen aktiv werden? „Aus Verantwortung“, ist die naheliegende Antwort. Doch Klimaschutz ist längst kein rein ethisches Thema mehr, sondern untrennbar und ganz direkt mit dem Unternehmenserfolg verbunden. Die öffentliche Diskussion zeigt, dass freiwilliges Engagement von allen Anspruchsgruppen in immer stärkerem Maße erwartet wird. Kein Unternehmen und keine Branche kann es sich mittelfristig leisten, beim Klimaschutz im Abseits zu stehen.

Klimaschutz als Managementaufgabe

Klimaschutz ist heute eine Managementaufgabe von strategischer Bedeutung. Risiken, die sich aus dem Klimawandel für Produktion, Betriebsabläufe und Lieferketten ergeben, müssen ebenso erkannt und gemanagt werden, wie mögliche Chancen, die sich durch die Veränderung der Rahmenbedingungen bieten.

Wie sollten Unternehmen also auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren und welche Möglichkeiten gibt es, aktiv zu werden? Die Antwort liegt in dem bekannten Dreiklang aus Vermeiden, Reduzieren und Kompensieren. Diese Schritte bilden den Nukleus des unternehmerischen Klimamanagements. Angesichts der Komplexität der Zusammenhänge sollte der Prozess vor- und nachgelagert jedoch um weitere Stufen erweitert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Wir schlagen deshalb einen Dekarbonisierungs-Prozess vor, der insgesamt sechs Stufen umfasst: Analyse, Planung, Vermeidung/Reduktion, Kompensation/ Neutralisation, Investition und Kommunikation.

Der Handlungsrahmen: Strategien und Instrumente des betrieblichen Klimaschutzes

  1. Analyse

    Grundvoraussetzung für ein zeitgemäßes Klimamanagement ist die Inventarisierung der eigenen Treibhausgas-Emissionen. Eine professionelle Berechnung des CO₂-Fußabdrucks liefert die notwendige Datengrundlage. Daran können sich sinnvollerweise weitere Auswertungen anschließen: Spezifische Hotspot-Analysen legen die zentralen Emissionsquellen in den Betriebsabläufen und der Lieferkette offen und ermöglichen Kosten-/ Nutzen-Abwägungen. Klimastresstests können dabei helfen, das Risikoprofil des eigenen Unternehmens zu ermitteln, und Benchmarking-Untersuchungen geben Auskunft über die Positionierung im Vergleich zum Wettbewerb

  2. Planung

    In der Planungsphase geht es darum, den eigenen Dekarbonisierungs-Zielpfad zu definieren, der für jedes Unternehmen individuell festgelegt werden sollte. Dabei gilt es, die eigenen Klimaschutzambitionen zu hinterfragen bzw. diese in Abhängigkeit von der Markt- und Wettbewerbssituation festzulegen. Die Herausforderung besteht darin, die Klimaziele 2 °C-kompatibel zu gestalten und dadurch sicherzustellen, dass der zur Erreichung der Ziele notwendige Klimaschutzbeitrag der individuellen Verantwortung angemessen ist. Die Einführung wissenschaftsbasierter Klimaziele – sogenannter Science Based Targets – ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Auf dieser Grundlage lassen sich auch anspruchsvolle Net-Zero-Emissionsstrategien umsetzen.

  3. Vermeidung/Reduktion

    Die Vermeidung von Treibhausgasemissionen und das Ausschöpfen vorhandener Reduktionspotenziale sind die zentralen Bestandteile jeder glaubwürdigen Klimastrategie. Dabei sollten insbesondere auch Einspar- bzw. Vermeidungspotenziale in der Liefer- und Wertschöpfungskette berücksichtigt und die Partner entsprechend eingebunden werden. Neben der Umsetzung von Effizienzmaßnahmen ist die Beschaffung und Nutzung von Grünstrom eine wichtige Möglichkeit, um den unternehmerischen CO₂-Fußabdruck nachhaltig und effizient zu reduzieren. Dafür stehen verschiedene Instrumente wie der Kauf von Herkunftsnachweisen oder der Abschluss von bilateralen Lieferverträgen mit Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen – sogenannte Power Purchase Agreements – zur Verfügung.

  4. Kompensation/Neutralisation

    Als Ergänzung zur Reduktion vermeidbarer Treibhausgasemissionen spielt der Ausgleich unvermeidbarer Emissionen aus der Geschäftstätigkeit eine wichtige Rolle im unternehmerischen Klimaschutz. Er erfolgt durch den Erwerb von Emissionsminderungsnachweisen aus zertifizierten internationalen Klimaschutzprojekten. Für die CO₂-Kompensation werden dazu Projekte herangezogen, die vermeiden, dass neue CO₂-Emissionen entstehen. Alternativ können auch CO₂-Senkenprojekte genutzt werden, die der Atmosphäre aktiv CO₂ entziehen. Man spricht in diesem Fall von Neutralisation. Durch CO₂-Kompensation und -Neutralisation können Unternehmen einen schnell wirksamen und effizienten Beitrag zum Klimaschutz leisten.

  5. Investition

    Die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel ist eine unabdingbare Voraussetzung für wirksamen Klimaschutz und auch dazu können Unternehmen einen entscheidenden Beitrag leisten. Neben der Investition in neue, effiziente Technologien und Prozesse sowie der Unterstützung von Projekten durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten ist in diesem Zusammenhang auf Unternehmensseite auch an die Entwicklung eigener Klimaschutzprojekte zu denken, die dann zur exklusiven Nutzung zur Verfügung stehen.

  6. Kommunikation Zum betrieblichen Klimaschutz gehört schließlich auch die Kommunikation. Sie ist wichtig, um das eigene Unternehmen gegenüber Kunden, Investoren und anderen Stakeholdern zu positionieren. Überzeugende Kommunikation kann außerdem dabei helfen, andere zum Klima-Handeln zu bewegen. Wichtig ist in jedem Fall, auf größtmögliche Transparenz zu achten. Die Berichterstattung an bzw. die Zusammenarbeit mit Initiativen wie CDP und RE100 unterstützt die Außenwirkung – ebenso wie die Auditierung des eigenen Engagements durch unabhängige Prüfinstitute.

Fazit

Zeitgemäßes betriebliches Klimamanagement ist ein Marathon, kein Kurzstreckensprint. Unternehmen, die sich in entsprechender Weise engagieren möchten, sollten sich Zeit für eine an die individuelle Situation angepasste Planung nehmen und sich von einem erfahrenen Partner professionell unterstützen lassen. Die Effektivität der eingeleiteten Maßnahmen zur Reduktion des eigenen CO₂-Fußabdrucks und die Qualität der für den Ausgleich der Emissionen unterstützten Klimaschutzprojekte sind von außerordentlicher Bedeutung für den Erfolg der Maßnahmen. Sie sind maßgebend für die Glaubwürdigkeit des eigenen Klimaschutz-Engagements, die durch transparente und offene Nachhaltigkeits-Kommunikation wirksam unterstützt werden kann


MIKE HATERT

ist Head of Renewables und Vertriebschef für den DACH-Raum bei dem international tätigen Klimaschutzdienstleister First Climate in Bad Vilbel bei Frankfurt a.M. In dieser Funktion berät und unterstützt er Unternehmenskunden bei der Erreichung ihrer Klimaschutzziele. Der ausgewiesene Energiespezialist ist Diplom-Ingenieur, hochschulzertifizierter Energiewirtschaftsmanager sowie Energiemanager IHK und verfügt über mehr als 15 Jahre Berufserfahrung.

Dieser Beitrag stammt aus B.A.U.M.-Insights – Jahresmagazin 2022.

Alle unsere B.A.U.M.-Insights-Ausgaben finden Sie hier.