Wirtschaft pro Klima

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Klimaschutz gestalten: Wir haben noch eine Wahl!


Rund sieben Monate vor der Bundestagswahl hat die Klima-Allianz Deutschland ihre Forderungen an die Parteien vorgelegt. Zentrale Punkte sind eine Anhebung des deutschen Klimaziels, eine beschleunigte Energiewende mit einem baldigen Ausstieg aus den fossilen Energien, ein ambitionierter und sozialverträglicher CO2-Preis sowie der Einstieg in die Verkehrs- und Agrarwende.

"Dies ist unser Auftrag an die neue Bundesregierung", erklärte Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland. "Wir treten dafür ein, dass diese Forderungen in die Wahlprogramme der Parteien und in den Koalitionsvertrag der künftigen Regierung aufgenommen werden. Was die nächste Bundesregierung entscheidet, hat Auswirkungen auf unseren Treibhausgasausstoß in den nächsten 20 bis 30 Jahren. Also darauf, ob Deutschland einen fairen Beitrag zur Einhaltung des 1,5 Grad-Limits leistet oder nicht. Unser Papier zeigt, dass die Gesellschaft ambitionierten Klimaschutz will. Wir erwarten von allen Parteien, dass sie die Klimakrise entschieden adressieren und wirkungsvolle Lösungen vorstellen."

"Zu lange hat die Bundesregierung beim Klimaschutz gezögert, sodass die für Deutschland gesetzten Klimaziele für 2030 bereits veraltet sind. Entscheidend ist, dass jetzt konsequent wirksame Klimaschutz-Maßnahmen umgesetzt werden, die uns auf einen Paris-konformen Pfad lenken", sagte Antje von Broock vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). "Dafür ist der schnellstmögliche und vollständige Ausstieg aus den fossilen Energien zentral. Gleichzeitig müssen die erneuerbaren Energien zügig und naturverträglich ausgebaut werden. Die vom Bundeswirtschaftsministerium verantworteten Ausbauhemmnisse verhindern die Energiewende und müssen beseitigt werden", so von Broock.

"Wir können der Klimakrise nur erfolgreich entgegentreten mit einer sozial-ökologischen Politik, die alle mitnimmt und Klimaschutz mit sozialem Zusammenhalt verbindet", erläuterte Dr. Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband. "Der CO2-Preis in seiner jetzigen Höhe reicht bei weitem nicht aus, um eine angemessene Wirkung zu entfalten. Wir müssen klimapolitisch deutlich ambitionierter werden und mit einem sozial gerechten Ausgleich verhindern, dass sich die gesellschaftliche Spaltung dabei vertieft. Besonders im Gebäudebereich besteht akuter Handlungsbedarf: Derzeit bleiben Mieter:innen komplett auf dem CO2-Preis für Wärme sitzen, obwohl es die Vermieter:innen sind, die über die Wahl der Heiztechnologie entscheiden", so Schneider weiter.

Pirmin Spiegel von Misereor verwies darauf, dass die Folgen der Klimakrise globale Ungerechtigkeiten verschärfen und Menschen in vielen Teilen der Welt dadurch ihre Lebensgrundlagen verlieren. "Im Kontakt mit unseren Partnern im Globalen Süden wird immer wieder deutlich: Deutschland hat im Kreis der Industrieländer mit einem hohen CO2-Ausstoß eine große Verantwortung gegenüber den ärmsten und verwundbarsten Ländern. Daher ist es auch eine Frage der Fairness, schneller unseren Treibhausgas-Ausstoß zu senken. Vor allem die ärmsten Länder der Welt benötigen einen spürbaren Beitrag Europas und Deutschlands zur internationalen Klimafinanzierung. Die kohärente Gestaltung der unterschiedlichen Finanzierungsinstrumente ist dabei notwendig, um Zielkonflikte zu vermeiden. Diese Unterstützung armer Länder für ihre nachhaltige Entwicklung ist nicht nur ethisch geboten, sondern auch in unserem eigenen Interesse, denn es ist unser gemeinsames Haus, um das wir uns sorgen. Es ist daher wichtig, die jährlichen Haushaltsmittel für Klimaschutz und Anpassung in den ärmeren Ländern auf mindestens acht Milliarden Euro ab 2025 zu verdoppeln", betonte Spiegel.

Die Klima-Allianz Deutschland fordert, dass die sozial-ökologische Verkehrswende endlich eingeleitet wird. Dazu gehört ein Bundesmobilitätsgesetz als Rahmen für klimafreundliche Mobilität. "Fuß-, Rad-, Bahn- und öffentlicher Nahverkehr müssen massiv gestärkt und attraktiv gestaltet werden. Dies ist unabdingbar als echte Alternative zur Pkw-Nutzung und für die Teilhabe von Menschen mit geringem Einkommen oder in den ländlichen Räumen", fordert Sarah Schulte-Döinghaus von der Katholischen Landjugendbewegung. "Es braucht zudem einen schnellstmöglichen Zulassungsstopp für Verbrennungsmotoren und eine Paris-kompatible Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2030", so Schulte-Döinghaus.

Auch der Agrarsektor in Deutschland ist zum einen durch die Klimakrise stark betroffen, zum anderen selbst großer Emittent. "Ein Großteil der landwirtschaftlichen Emissionen stammt aus der Tierhaltung", so Sarah Schulte-Döinghaus. "Eine Reduzierung ist direkt gekoppelt an den inländischen Konsum und an den Export tierischer Lebensmittel. Wir brauchen Rahmenbedingungen und Anreize für alle Bäuerinnen und Bauern, klimafreundliche und biodiversitätsfördernde Landwirtschaft zielstrebig zu betreiben. Wichtige Hebel sind hierbei eine Stärkung des Ökolandbaus und die Gelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU, mit denen Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen deutlich stärker und dynamisch ansteigend gefördert werden müssen", so Schulte-Döinghaus.

Die Klima-Allianz Deutschland stellt mit "Klimaschutz gestalten – Wir haben noch eine Wahl!" klimapolitische Forderungen aus 16 Bereichen auf. Neben den vorstehend genannten Forderungen geht es um die Dekarbonisierung der Industrie, die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und die Umgestaltung von Steuern und Abgaben sowie des Finanzwesens. Außerdem werden die EU-Ebene und die internationale Verantwortung Deutschlands in den Blick genommen. Die Forderungen beziehen ebenfalls die Digitalisierung als Chance für den Klimaschutz sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung mit ein.

Mit dem Forderungspapier gehen die Klima-Allianz Deutschland und ihre Mitglieder, darunter auch Wirtschaft pro Klima, in den kommenden Monaten in Gespräche und Diskussionen mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundestagsparteien.

Das Forderungspapier zum Download