Rückblick: „Entwaldungsfreie Lieferketten: Entwicklung, Potenziale, Verantwortung“ | Politisches Frühstück mit Dirk Meyer (BMZ)


(c) Rainer Kant

Passend zu der neuen EU- Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten, das vom EU-Parlament am 19.4. verabschiedet wurde fand am Freitag, den 21.04.2023, ein politische Frühstück von B.A.U.M. e.V. in Zusammenarbeit mit dem ZGV- Der Mittelstandsverbund zu diesem Thema statt.

In seiner Begrüßung wies Martin Oldeland, stellvertretender Vorsitzender des B.A.U.M. e.V.  darauf hin, dass wir Menschen existenziell abhängig sind vom Funktionieren lebensnotwendiger Ökosysteme. Teile dieser Ökosysteme sind bereits stark oder irreversibel durch menschliche Aktivitäten geschädigt, die Biodiversität leidet enorm und wir haben mit deren Auswirkungen stark zu kämpfen. Zu diesen Ökosystemen gehört auch der Wald und es stellt sich die Frage, welches Verständnis wir vom Ökosystem Wald haben und wie wir mit dem Thema Wald und Waldbewirtschaftung umgehen. Fakt ist, dass es global großflächig rapide steigende Entwaldungsaktivitäten gibt und auch wir in Deutschland und in Europa für einen Großteil der Entwaldung verantwortlich sind. In der EU ist Deutschland das Land, was am meisten zur Entwaldung beiträgt.

Auch der Hauptgeschäftsführer des ZGV, Dr. Ludwig Veltmann wies in seiner Begrüßung auf die Aktualität des Themas auch für die Mitglieder seines Verbandes hin.

Zur Einführung hat unser Wald- und Biodiversitätsexperte Rainer Kant die Zusammenhänge und Dimensionen der Entwaldung deutlich gemacht. Es sei bislang weder auf EU- Ebene noch in Deutschland genug gemacht worden, um den Wald und damit ein zentrales Ökosystem zu schützen. Obwohl die globalen Volkswirtschaften zu 50% von den Leistungen der Ökosysteme abhängig sind, haben wir bereits 20% der Amazonaswälder verloren, die EU hat 25% ihrer Kohlenstoff-Senkenleistung durch zunehmende Energiegewinnung aus Holz eingebüßt und in Deutschland sind nur 2,8 % der Waldflächen tatsächlich geschützt.

Von politischer Seite aus war Ministerialdirektor Dirk Meyer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als Inputgeber und Diskussionspartner in der Runde mit dabei. Er gab einen Überblick zum Thema aus Sicht der Bundesregierung.  Er stellte die Frage, ob wir bei der rasanten Geschwindigkeit der Veränderungen noch das Notwendige tun, um noch wieder vor die Lage zu kommen.

Mit Blick auf die neue Verordnung und ihre ambitionierte Zielsetzung ist er „stolz darauf, Europäer zu sein“. Die Zeit laufe zwar davon, aber das neue Gesetz sorge dafür, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zukünftig keinen Wettbewerbsnachteil mehr haben. Es sei ein gutes Gesamtpaket im Hinblick auf eine nachhaltigkeitsorientierte Politik und gebe den transformativen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Zahlreiche Unternehmen zeigen aktuell schon, wie es gehen kann.

Aus dem Bereich der Unternehmenspraxis kamen die Martin Bauer Group als auch EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG zu Wort. Gisbert Braun vom B.A.U.M.-Mitglied Martin Bauer Group betonte dabei, dass es wichtig ist, den ökologischen Fußabdruck und die Lieferketten seines Unternehmens im Blick zu haben. Dazu greifen sie nicht nur auf externe Standards wie z.B. die Rainforest Alliance, sondern auch auf zusätzliche eigene Standards zurück, um den gesetzten Zielen innerhalb des Unternehmens aber auch auf gesetzlicher Ebene gerecht werden zu können. Beim Griff in das Regal im Supermarkt könne er allerdings momentan teils gegenteilige Marktentwicklungen beobachten, was er sehr bedauere. Die Konsument:innen würden leider weniger Produkte in Bioqualität wählen und das macht sich dann auch im eigenen Geschäft bemerkbar.

Die EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG, vertreten durch Juliane Schröder, möchte bis 2025 das Ziel der entwaldungsfreien Lieferketten vollständig erreicht haben. Dabei spielen die Lieferanten eine große Rolle, die aber zeitgleich dabei unterstützt werden sollen, die Bedingungen erfüllen zu können. Es müsse über die EU - Verordnung hinaus agiert werden. Eine der größten Herausforderung sehen sie dabei in der Digitalisierung die nötig sei, um besagte Maßnahmen wirksam überprüfen zu können.

In der sich anschließenden lebhaften Diskussion wurden Konfliktlinien zwischen Politik und Unternehmen deutlich. Die Frage kam auf, ob Politik durch das neue Gesetz nicht einfach die Verantwortung auf die Betriebe abwälzen wolle und Verordnungen nicht der falsche Weg seien. Dirk Meyer hingegen argumentierte, dass wir nur gemeinsam den Weg der entwaldungsfreien Lieferketten gehen könnten und wurde dahingehend ergänzt, dass es zwar bereits viele vorbildliche und kreative Ansätze in Unternehmen gibt, das neue Gesetz aber dahingehend weiterhelfen kann, als dass es gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen schaffen soll und hier dann auch die Betriebe stärker in die Pflicht genommen werden, die bislang nicht aktiv wurden.

Angesprochen wurde auch, dass bei der Umsetzung  China als ein sehr großer Player nicht außer Acht gelassen werden kann. Es wurde darauf hingewiesen, dass nicht nur Land- und Forstwirtschaft zur Entwaldung beitragen, sondern auch der Bergbau mit der weiter zunehmenden Technologisierung eine große Rolle dabei spielt. Dieser Bereich wird aber von der EU-Verordnung nicht mit abgedeckt.

Gegen Ende der Veranstaltung wurde deutlich, dass das Thema brandaktuell ist und weiterer Gesprächsbedarf zwischen den unterschiedlichen Akteuren besteht. Wichtig sei, dass die neue Verordnung auch vernünftig umgesetzt wird und bei Nicht- Einhaltung spürbare Strafen drohen, um entwaldungsfreie Lieferketten realisierbar zu machen.

B.A.U.M. bietet für interessierte Unternehmen zum Themenbereich u.a. einen Check zur Entwaldungsfreien Lieferkette und auch einen Biodiversitätscheck für Unternehmen an.

Politischer Impulsbeitrag:

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Praxisbeiträge:

MartinBauer Group/ the nature network

EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG

Weitere Informationen:

Der digitale B.A.U.M.

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